Zulassung von Luftfahrzeug-Bauteilen

Grundlagen der Bauteilzulassung

Da die Luftfahrzeughersteller und deren Hauptlieferanten ihre Wertschöpfungskette straffen, werden Zulieferer immer stärker auch in die Entwicklungsverantwortung genommen. Die Betriebe müssen dazu nicht nur über Konstruktions-Know-how verfügen, sondern ebenfalls Wissen und Erfahrung im Bereich der Nachweisführung vorhalten. Gerade mittelständischen Unternehmen fehlen hier jedoch vielfach die spezifischen Kenntnisse, um ihre Bauteile entsprechend den luftrechtlichen Bauvorschriften zu qualifizieren.
Jeder Branchenkenner weiß, dass die Global Player der Luftfahrtindustrie seit einigen Jahren ihre eigene Wertschöpfung sowie die ihrer Lieferanten vollständig neu ausrichten. Gerade für zuliefernde Betriebe des Mittelstands bedeutet dies, dass die alleinige Herstellung von Produkten nicht mehr ausreicht. Betriebe müssen Komplettlösungen anbieten, die insbesondere auch Entwicklungsleistungen einschließen. Dabei ist die eigentliche Konstruktion meist gar nicht so sehr die Herausforderung. Hier verfügen die Betriebe über fundiertes Wissen. Das Problem stellt vielmehr die Nachweisführung dar. Dabei bereitet die Identifizierung, Interpretation und Anwendung der luftrechtlichen Bauvorschriften (Certification Specification) erhebliche Mühe. Mittelständler ohne Zulassungserfahrung sehen sich dann vor allem mit folgenden Fragen konfrontiert:
  • Welches sind die anwendbaren Vorgaben und auf welche Nachweismethode (Test, Assessment, Analyse, Berechnung, etc.) ist zurückzugreifen?
  • Welches sind die konkret anzuwendenden Testanforderungen und wie ist der Nachweis praktisch auszugestalten, damit dieser am Ende im Einklang mit dem Luftrecht steht?

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Entwicklung in der Luftfahrtindustrie gemäß EASA Part 21J

Bauvorschriften und weitere Vorgaben vollständig identifizieren

In einem ersten Schritt sind die Vorschriften zu identifizieren. In diesem Zuge ist vor allem zu beachten, dass diese vollständig vorliegen. Dazu richtet sich der Blickwinkel zunächst auf die Spezifikation oder das Lastenheft des Kunden. Im besten Fall sind hierin schon alle Vorgaben aufgeführt. Oftmals wird jedoch nur die oberste Ebene, nämlich die anwendbaren EASA-Bauvorschriften (Certification Specification – CS) genannt. Beim Bau großer Flugzeuge (Airbus, Boeing) sind dies vor allem die CS-25 und die CS-ETSO, die auf der EASA-Homepage abrufbar sind. Auf die Angabe weiterführender, ebenfalls zwingend notwendiger Vorgaben wird jedoch vom Kunden bisweilen verzichtet. Dann müssen die anwendbaren Paragraphen der Bauvorschriften herangezogen werden, weil dort weiterführende Normen und Vorgabedokumente genannt sein können. So wird z.B. in den Bauvorschriften für ETSO-Produkte nicht selten auf ein SAE- oder ein RTCA-Dokument verwiesen (z.B. SAE APR4761 System Safety Assessment oder die RTCA DO 160 Environmental Conditions and Test Procedures of Airborne Equipment). Diesen sind dann detailliertere Hinweise zur Konstruktion und/oder der Nachweisführung zu entnehmen. Falls Unklarheiten im Hinblick auf die Anwendbarkeit bzw. Gültigkeit einzelner Bauvorschriften oder weitergehender Vorgaben bestehen, sollte der Zulieferer stets den Kunden bzw. dessen zuständigen 21J Entwicklungsbetrieb zu Rate ziehen.

Auswahl der Nachweismethode und -bedingungen

In einem zweiten Schritt geht es darum, die Nachweismethode zu bestimmen. Bei Bauteilen handelt es sich in der Regel um Tests, Analysen und Berechnungen. Die genaue Art der Nachweisführung sollte sich unmittelbar aus der Spezifikation oder dem Lastenheft des Kunden ergeben. Werden dort indes keine eindeutigen Angaben zur Nachweismethode gemacht, sondern auf einen Paragraphen in den Bauvorschriften oder auf ein SAE oder RTCA Dokument verwiesen, so sind diese durch den Betrieb selbst zu interpretieren und/oder die notwendigen Angaben vom Kunden einzufordern. Im Übrigen ist ggf. auf besondere Bedingungen beim späteren Einsatz des Equipments zu achten (z.B. Kabine oder außerhalb des Druckbereichs), da sich diese i.d.R. auf die Testanforderungen auswirken.

Luftrechtlich anerkannte Durchführung der Nachweiserbringung

Sind alle Vorgaben sowie die Methodik der Nachweisführung bekannt, rückt die luftrechtlich anerkannte Durchführung der Nachweiserbringung einschließlich dessen Vor- und Nachbereitung in den Vordergrund. Bei Tests sind ein Qualification Test Plan und ein Qualification Test Report zu erstellen. Überdies muss abschließend eine Declaration of Design and Performance (DDP) erstellt werden, die darlegt, welche Eigenschaften getestet wurden und ob der Test bestanden wurde.

Verfügt ein Zulieferer hier nicht über ausreichende Erfahrung und sollen luftrechtliche anerkannte Nachweisführungen auch zukünftig nicht Bestandteil des täglichen Geschäfts werden, ist es angeraten, auf einen externen Spezialisten zurückzugreifen. Es gibt zertifizierte Unternehmen, die ihr Leistungsspektrum speziell auf die Erbringung von luftfahrtspezifischen Tests, Safety Assessments, Analysen und Berechnungen ausgerichtet haben. Für die Auswahl eines solchen Spezialisten steht Ihnen AeroImpulse mit Expertenrat zur Seite.

Zulieferer, die häufiger luftrechtliche Nachweise erbringen wollen, müssen in einem längerfristigen Prozess ihre Kompetenzen aufbauen, vor allem mittels Schulung sowie durch Wissenstransfer mit Hilfe des Kunden oder externer Spezialisten. Wer sich langfristig als anerkannter Luftfahrtzulieferer mit Kompetenzen in der Herstellung, Konstruktion und Nachweisführung etablieren möchte, sollte sich überdies als EN 9100 Betrieb zertifizieren lassen sowie ggf. auch eine luftrechtliche 21G Herstellungszulassung erlangen. AeroImpulse unterstützt nicht nur beim Arbeiten mit Bauvorschriften, SAE- und RTCA-Dokumenten, sondern bietet zugleich umfangreiche Beratung und Begleitung für eine EN9100 und 21G Implementierung. Bis eigenes Know-how beim Zulieferer aufgebaut ist, kommt es darauf an, sich während des Projekts eng mit dem Design Engineering des Kunden (oder dessen Musterprüfleitstelle) abzustimmen, um das Risiko böser Überraschungen am Ende des Projekts zu minimieren.