EASA Part 145 – Instandhaltung in der Luftfahrttechnik

Was sind Instandhaltungsbetriebe nach EASA Part 145?

Luftfahrttechnische Instandhaltung umfasst alle Tätigkeiten der Überholung (inkl. Austausch), Reparatur, Änderungen (Modifikationen) sowie Inspektionen / Tests an Flugzeugen, Triebwerken und Bauteilen.

Im Englischen werden diese Arbeiten auch unter Maintenance, Repair und Overhaul (MRO) subsumiert. Diese Arbeiten dürfen in der EU nur von solchen Betrieben durchgeführt werden, die von der europäischen Luftfahrtbehörde (European Aviation Safety Agency – EASA) zugelassen wurden, luftfahrttechnische Erzeugnisse, Teile oder Ausrüstungen nach genehmigter Dokumentation instandzuhalten. Um eine solche Zulasssung nach dem sog. EASA Part 145 zu erhalten, muss der Betrieb seine Befähigung gegenüber dem Luftfahrt-Bundesamt nachgewiesen haben.

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Anforderungen an Instandhaltungsbetriebe nach EASA Part 145

Die Anforderungen an Instandhaltungsbetriebe (Maintenance Organisationen) sind in der Durchführungsverordnung zur Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit Teil 145 definiert (Implementing Rule Continuing Airworthiness, Part 145). Weiterführende Umsetzungshinweise bzw. Interpretationsmaterial veröffentlicht die EASA in sog. Acceptable Means of Compliance (AMC) und Guidance Material.

Eine Kernanforderung für einen behördlich anerkannter Instandhaltungsbetrieb ist der Nachweis, „ein Qualitätssystem eingeführt zu haben und unterhalten zu können.“ Ein solches System soll sicherstellen, dass die Instandhaltung unter beherrschten Bedingungen stattfindet. Der Betrieb muss dazu stets in der Lage sein, luftfahrttechnische Produkte unter Einhaltung der einschlägigen Konstruktionsdaten instandzuhalten und im betriebssicheren Zustand in Verkehr zu bringen. Dies kann nur gelingen, wenn der Betrieb über transparente und nachvollziehbare Betriebsstrukturen und -abläufe verfügt. Aus diesem Grund sind das Qualitätssystem und die zugehörigen Verfahren zu dokumentieren

Die exakten Anforderungen an Instandhaltungsbetriebe sind seitens der EASA durch die Implementing Rule Continuing Airworthiness im Part 145 definiert. Diese Anforderungen werden durch ergänzendes Interpretationsmaterial (AMC bzw. Guidance Material) präzisiert. Danach muss ein behördlich anerkanntes Qualitätssystem in der Instandhaltung vor allem die folgenden Einzelbestandteile aufweisen:

  • ein übergreifendes Steuerungs- und Qualitätssicherungssystem zur Lenkung der Prozesse, Verfahren, Dokumente und Ressourcen,
  • eine unabhängige Funktion (Stabstelle) des Qualitätsmanagements,
  • ein strukturiertes, nachvollziehbares Qualifikationssystem, insbesondere für freigabeberechtiges Personal (Certifying Staff); ggf. entsprechend den Anforderungen des EASA Part 66,
  • ein nachvollziehbares System zur Abnahme der Produkte (Qualitätssicherung),
  • die Einbeziehung der Zulieferer, insbesondere dann, wenn diese über keine eigene Instandhaltungsgenehmigung verfügen.

Luftfahrttechnische Erzeugnisse dürfen nicht „auf eigene Faust“ instandgehalten werden. Instandhaltung im Sinne des EASA Part 145 darf nur auf Basis genehmigter Instandhaltungsvorgaben (Approved Maintenance Data) erfolgen. Insoweit muss nicht zuletzt ein sauber dokumentierter Prozess zur Bereitstellung und Aktualisierung der technischen Instandhaltungsvorgaben existieren. Diese stellt im Normalfall ein Entwicklungsbetrieb nach EASA Part 21J zur Verfügung.

Es ist zu beachten, das behördliche Instandhaltungsgenehmigungen (Scope of Approval) stets abhängig vom eigenen Tätigkeitsspektrum sind und sehr weit bis auf Bauteil bzw. Part-Nummern Ebene eingegrenzt werden. In grober Kategorisierung wird unterschieden zwischen dem

  • A-Rating: Aircraft- / Flugzeug-Instandhaltung,
  • B-Rating: Triebwerk-Instandhaltung, inkl. Hilfsgasturbinen (APUs),
  • C-Rating: Component- / Bauteil-Instandhaltung,
  • D-Rating (zerstörungsfreie Materialprüfungen (Non Destructive Testing – NDT)

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Der Prozess der Betriebszulassung nach EASA Part 145

Betriebe, die eine Instandhaltungszulassung nach Part 145 anstreben, können üblicherweise schon Branchenerfahrung vorweisen, bevor sie diese beim Luftfahrt-Bundesamt beantragen. Oftmals erwächst der Bedarf nach einer 145 Zulassung aus der Zusammenarbeit mit einem großen Luftfahrtkonzern. Dennoch dauert der Prozess für die behördliche Zulassung nach EASA Part 145 üblicherweise ein bis zwei Jahre und erfordert meist erhebliche Anpassungen in der betrieblichen QM-Dokumentation.

Vor einem erstmaligen Kontakt mit dem LBA sollte das 145-Vorhaben als Projekt aufgesetzt und ein verantwortlicher QM-Manager als Projektleiter benannt werden. Parallel sollte die Position des Verantwortlichen Betriebsleiters (Accountable Manager) festgelegt und das spätere freigabeberechtige Personal ausgewählt werden. Zudem sind die Anforderungen des Part 145 zu studieren, um eine Vorstellung davon zu bekommen, was auf den Betrieb zukommt.

Mit einer derart soliden Vorbereitung kann dann Kontakt zum Luftfahrt-Bundesamt (LBA) aufgenommen werden. Dabei ist noch vorab ein ausgefülltes Antragsformular (EASA Form 50 und EASA Form 4) einzureichen. Je nach LBA-Zuständigkeit kommt es dann zu einem Erstgespräch in dem über Ablauf, Kosten und wichtige Voraussetzungen informiert wird.

Soweit noch nicht geschehen, erfolgt im Anschluss die Ausarbeitung eines Betriebshandbuchs (Maintenance Organisation Exposition – MOE) mit allen Verfahrensbeschreibungen. Dafür ist ein intensives Studium des EASA Part 145 sowie der AMC und des Guidance Materials unverzichtbar. Gerade hier leistet ein erfahrener Luftfahrtberater wertvolle Unterstützung. Nach Monaten der Dokumentenerstellung wird die fertige Dokumentation (MOE, Verfahrensanweisungen, Organigramm, Formblätter, Betriebsflächen-Layout, Checklisten etc.) sämtlich zur Prüfung an das LBA gesendet.

Dieses teilt nach Prüfung notwendige Korrekturanforderungen mit, die jedoch teilweise erst nach mehreren Iterationen erfüllt werden können. Sobald die Dokumentation vollständig den Anforderungen entspricht, führt das Luftfahrt-Bundesamt ein Voraudit durch. Bei diesem erfolgt ein stichprobenartiger Abgleich zwischen betrieblichem Ist-Zustand und der bestehenden Vorgabedokumentation. Hieraus ergeben sich in der Regel weitere Anpassungsbedarfe. Im Anschluss schließlich findet das mehrtägiges Hauptaudit statt, bei dem LBA-Prüfer den Betrieb und die Dokumentation auf Herz und Nieren bzw. auf Konformität mit den Anforderungen des EASA Part 145 prüfen. Auch hierbei ist üblicherweise nochmals mit zahlreichen Beanstandungen zu rechnen. Sind diese abgearbeitet, stellt das Luftfahrt-Bundesamt die Zulassungsurkunde aus.

Wo liegt die Herausforderung?

Gerade für Betriebe, die nicht primär in der Luftfahrt aktiv sind, ist es fast unmöglich, ohne Expertenunterstützung eine Zulassung zu erlangen. Aber auch wenn ein Betrieb Luftfahrt-Vorerfahrung, z.B. im Rahmen einer verlängerten Werkbank vorweisen kann, ist die Hinzuziehung eines Luftfahrt-erfahrenen Beraters von unverzichtbarem Wert. Es fehlt nämlich meist nicht nur luftfahrtindustrielles Fachwissen, es mangelt vor allem an Know-how für die Interpretation und betriebliche Umsetzung der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben. Wichtig ist dabei auch, eine Einschätzung für die Denk- und Prüfweise (im Sinne der luftfahrtbetrieblichen Sicherheitskultur) der Betriebsprüfer des Luftfahrt-Bundesamts als Überwachungsorgan zu entwickeln. Die Zulassung zum Instandhaltungsbetrieb nach Teil 145 ist nämlich deutlich anspruchsvoller und formaler als eine EN 9100 Zertifizierung.